Meilensteine aus
300 Jahren Liechtenstein
Auf Ansuchen Fürst Anton Florians von Liechtenstein vereinigt Kaiser Karl VI. am 23. Januar 1719 die Grafschaft Vaduz und die Herrschaft Schellenberg und erhebt sie zum Reichsfürstentum Liechtenstein.
Sie waren 1699 respektive 1712 durch Fürst Johann Adam I. Andreas von den verschuldeten Grafen von Hohenems gekauft worden.
Durch die Mitgliedschaft im 1806 von Napoleon gegründeten Rheinbund erlangt Liechtenstein die «volle Souverainität» – obwohl Fürst Johann I. die Rheinbundakte nicht unterzeichnet.
Die Teilnahme am Wiener Kongress (1815) und die Aufnahme in den Deutschen Bund (1815–1866) bestätigen die formale Souveränität, die bis 1866 durch die Bundeszugehörigkeit beschränkt bleibt.
Liechtenstein erlebt im frühen 19. Jahrhundert eine Reihe spätabsolutistischer Reformen.
Die Abschaffung der Landschaften und Landammänner, die Verwaltungs-, Gemeinde-, Finanz-, Rechts-, Schul-, Kirchen- und Bodenreform sowie die Einführung des Grundbuchs stossen teils auf heftigen Widerstand, tragen aber zur Modernisierung des Landes bei.
Mit der Landständischen Verfassung vom 9. November 1818 erfüllt Fürst Johann I. eine Verpflichtung im Rahmen des Deutschen Bundes.
Liechtenstein erhält erstmals eine geschriebene Verfassung, die jedoch völlig vom Spätabsolutismus geprägt ist und der Bevölkerung keine substantiellen Rechte einräumt. Sie gilt bis 1862.
Unter dem Eindruck revolutionärer Bewegungen erlässt Fürst Alois II. am 7. März 1849 konstitutionelle Übergangsbestimmungen. Erstmals tagt ein liechtensteinisches Parlament, der Landrat.
Peter Kaiser und Karl Schädler vertreten das Land in der deutschen Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche. Der Reaktionserlass vom 20. Juli 1852 bringt die Rückkehr zu den vorherigen Verhältnissen.
Die Zollunion mit Österreich beendet die wirtschaftliche Isolation des Landes. Sie ist für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Staatsfinanzen von grosser Bedeutung.
Österreichische Finanzbeamte stehen an den liechtensteinischen Grenzen. 1919 kündigt Liechtenstein den Zollvertrag.
1861 entsteht im Vaduzer Mühleholz die erste liechtensteinische Fabrik, eine Baumwollweberei. Bis 1882 folgen in Triesen und Vaduz zwei weitere Webereien und eine Spinnerei.
1912 beschäftigen die Textilfabriken 677 Personen. Nach einer Krise im Ersten Weltkrieg erlebt Liechtenstein ab den 1930er Jahren eine zweite Industrialisierung.
Die Verfassung vom 26. September 1862 beendet den Absolutismus in Liechtenstein. Der Fürst vereinigt weiterhin «alle Rechte der Staatsgewalt» in sich, ist nun aber an die Verfassung gebunden.
Ohne das Parlament können keine Gesetze mehr erlassen oder Steuern erhoben werden. Jedoch hat der Landtag bis 1921 keinen Einfluss auf die Bestellung der Regierung.
Die am 24. Oktober 1921 in Kraft getretene Verfassung kommt den Ruf nach Reformen nach. Neu ist die Staatsgewalt im Fürsten und im Volk verankert.
Mit dem Initiativ- und Referendumsrecht finden gleichzeitig direktdemokratische Elemente Eingang in die neue Verfassung.
Nach dem Ersten Weltkrieg wendet sich Liechtenstein von Österreich ab und richtet sich wirtschaftlich neu in Richtung Schweiz aus.
Seit dem 1. Januar 1924 sind Liechtenstein und die Schweiz in einer Wirtschafts- und Zollunion verbunden. Der Schweizer Franken ist seither auch in Liechtenstein die offizielle Währung.
Eine neue Steuergesetzgebung 1923 sowie ein neues Personen- und Gesellschaftsrecht (PGR) 1926 schaffen die Grundlagen für den liechtensteinischen Finanzplatz.
Neue Gesellschaftsformen ziehen ausländische Sitzunternehmen an. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erleben das Treuhand- und das Bankenwesen einen grossen Aufschwung.
Im Bild das erste eigene Gebäude der Landesbank im Jahr der Eröffnung 1953.
Fürst Franz Josef II. nimmt als erster Landesfürst im März 1938 Wohnsitz in Liechtenstein.
Im gleichen Jahr wird eine Regierungskoalition gebildet, um der nationalsozialistischen Anschlussgefahr besser begegnen zu können. Sie hat fast sechzig Jahre Bestand.
Nach zwei gescheiterten Volksabstimmungen Anfang der 1970er Jahre führt Liechtenstein das Frauenstimm- und –wahlrecht 1984 nach der knappen Annahme in einer dritten Abstimmung auf nationaler Ebene ein – als letztes europäisches Land.
Liechtenstein hatte sich mit dem Beitritt zum Europarat 1978 zur Einführung verpflichtet.
Am 18. September 1990 wird Liechtenstein als 160. Mitglied in die Vereinten Nationen (UNO) aufgenommen. Während der Beitritt Liechtensteins aussenpolitisch praktisch diskussionslos verläuft, ist er innenpolitisch nicht unumstritten.
Liechtenstein unterhält Ständige Missionen am Hauptsitz der UNO in New York sowie in Genf und Wien.
Liechtenstein stimmt im Dezember 1992 dem Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zu, während die Schweiz eine Mitgliedschaft ablehnt.
Anpassungen am Zollvertrag mit der Schweiz ermöglichen Liechtenstein den Zugang sowohl zum schweizerischen wie auch zum europäischen Wirtschaftsraum. Am 1. Mai 1995 tritt Liechtenstein dem EWR-Abkommen bei.
Am 2. Dezember 1997 löst der Heilige Stuhl Liechtenstein aus dem Bistum Chur heraus, errichtet das Erzbistum Vaduz und ernennt den Churer Bischof Wolfgang Haas zum ersten Erzbischof.
Die Schaffung des Erzbistums erfolgt ohne Einbezug von Regierung und Landtag und löst kontroverse Diskussionen aus.